Die Erwärmung des Waschwassers mit einem Heizstab, der Strom 1:1 in Wärme
umwandelt, ist ineffizient, aber bei heutigen Waschmaschinen Stand der
Technik. Um stromsparend zu waschen, gibt es daher nur einen Weg: Das
Wasser möglichst wenig erwärmen, also so kalt wie möglich waschen. Hier
lassen sich die physikalischen Randbedingungen, insbesondere die
Wärmekapazität von Wasser, nicht umgehen. Das neue Eco40-60 Waschprogramm
ist die Perfektionierung genau dieses Ansatzes: Des möglichst kalten
Waschens.
Besitzerinnen und Besitzer älterer Waschmaschinen werden davon vielleicht
noch gar nicht gehört haben - doch alle seit dem 1.3.2021 in der EU
verkauften Waschmaschinen müssen zwingend ein Eco40-60 Waschprogramm
beseitzen. Doch was hat es damit eigentlich auf sich?
Hier ein paar Hintergrundinformationen, die man anderswo bislang kaum
findet.
Der Zweck
Der Hintergedanke beim Eco40-60 Programm bestand darin, ein
energiesparendes Waschprogramm zu bieten, in dem man sowohl Textilien
waschen kann, die für 40°C-Wäsche vorgesehen sind, als auch solche, die
bei 60°C gewaschen werden sollen. Statt die Kleidungsstücke zu sortieren
und zweimal zu waschen, einmal bei 40°C und einmal bei 60°C, soll man
alles zusammen in einem gemeinsamen Waschgang reinigen können. Und das mit
möglichst geringem Energieeinsatz.
Die Bedeutung für das EU-Energielabel
Wie viel Strom eine Waschmaschine in einem gewöhnlichen 30°C , 40°C oder
60°C Programm verbraucht, ist für die Einstufung in die
Energieeffizienzklasse vollkommen gleichgültig. Es zählt einzig
und alleine der Verbrauch im Eco40-60 Programm. Nur dieser entscheidet
darüber, was auf dem bunten EU-Energielabel steht, das man in Geschäften
und bei Onlinehändlern an jeder Waschmaschine sieht.
Und bei welcher Temperatur wäscht es denn nun, das Eco40-60
Programm? Bei 40°C? Oder bei 60°C? Oder einer ganz anderen?
Das ist das große Mysterium für viele Waschmaschinenbesitzerinnen und
-besitzer. Und die Antwort ist leider recht kompliziert. Um es kurz zu
fassen: Die tatsächliche Waschtemperatur hängt von mehreren Parametern ab,
vor allem von der Beladung, und liegt üblicherweise irgendwo im Bereich
zwischen 20°C und 42°C. Ja, richtig gelesen: Unter bestimmten Bedingungen
wäschst das Eco40-60 Programm die Wäsche nahezu kalt.
Wird die Wäsche im Eco40-60 Programm denn dann auch wirklich sauber?
Die formale Antwort: Unter den Bedingungen des EU-Normwaschzyklus wird sie
immer ausreichend sauber. Eine definierte Mindestwaschwirkung muss
sichergestellt sein, das ist so vorgeschrieben. Dafür gibt es genau
definierte Testprozeduren, in denen die Maschine Testwäsche von
"Norm-Schmutz" ausreichend gut befreien muss. Dabei sind Parameter wie
Raumtemperatur, Leitungswassertemperatur, Wasserhärte des Leitungswassers,
Art und Menge des Waschmittels usw. bis ins kleinste Detail vorgegeben. Im
Alltagsbetrieb kann die Waschwirkung aber durchaus auch mal geringer
ausfallen, z.B. wenn man mit der Dosierung des Waschmittels zu sparsam
ist. Denn die Menge des Waschmittels ist eine der 4 Säulen der
Waschwirkung.
Der Sinner'sche Kreis: Die vier Säulen ausreichender Waschwirkung.
Unter welchen Bedingungen wird Wäsche eigentlich ausreichend sauber?
Hierzu gab es schon vor vielen Jahrzehnten ausführliche Studien, deren
Ergebnis man historisch nach ihrem Begründer, dem Chemiker Herbert Sinner,
als den "Sinner'schen Kreis" bezeichnet. Dieser besagt, dass die
Reinigungswirkung allgemein von 4 Parametern abhängt, die man in gewissem
Umfang gegeneinander austauschen kann. Diese sind:
Die Strategie bei den Öko-Programmen besteht nun darin, die Temperatur
möglichst weit abzusenken - denn das Erwärmen des Waschwassers kostet
besonders viel Energie - und dafür auf die drei verbleibenden Parameter zu
setzen, insbesondere auf die Waschdauer. Und genau das macht sich aus
Anwendersicht besonders deutlich bemerkbar: Öko-Programme haben sehr lange
Laufzeiten, nicht selten über 3 Stunden.
Die Menge und Art des Waschmittels ist im EU-Prüfzyklus fest vorgegeben,
so dass hier bei der Entwicklung einer Waschmaschine keine
Auswahlmöglichkeit besteht. Bei der Auslegung des Eco40-60 Programmes
bleiben somit die Temperatur, die Waschdauer und die Stärke der
mechanischen Einwirkung als freie Parameter übrig. Unter Letzterem ist zu
verstehen, wie oft und wie schnell sich die Waschtrommel dreht und die
Wäsche "durchknetet". Um nach EU-Norm möglichst niedrige Verbrauchswerte
zu erreichen und dabei die geforderte Mindestwaschwirkung nicht zu
unterschreiten, lautet die Strategie: Temperatur so niedrig wie möglich,
lange Programmdauer, viele Trommeldrehungen.
Die drei Beladungszustände
Eine Waschmaschine hat eine Nennfüllmenge, die angibt, wie viele Kilogramm
Wäsche hineinpassen. Bei den üblichen Frontlader-Waschmaschinen liegt
diese häufig im Bereich von 5 bis 9 kg. Eine solche Menge an trockener
Wäsche wirklich in die Trommel zu bekommen, grenzt aber oft an ein
Kunststück. Um dies zu schaffen, braucht man mitunter recht schwere
Textilien und muss diese trickreich falten, um wirklich so viel Gewicht in
die Waschtrommel zu stopfen. Nachdem Waschmaschinen in der Praxis aber
keineswegs immer ganz vollgefüllt werden, unterscheidet die EU-Verordnung
3 unterschiedliche Beladungszustände:
In allen drei Zuständen muss der Stromverbrauch im Eco40-60 Programm
gemessen werden. Der Normverbrauch ergibt sich dann durch gewichtete
Mittelung über diese 3 Beladungszustände.
Die EU-Prüfbedingungen sind nun so gestaltet, dass man bei 1/4 Beladung
praktisch kalt waschen kann und nach etwa 2,5 bis 3 Stunden Waschdauer
dennoch eine ausreichende Waschwirkung erzielt. Bei voller Trommel gelingt
dies nicht mehr, hier sind üblicherweise Temperaturen um die 40 Grad und
über 3 Stunden Programmdauer erforderlich, um die geforderte
Reinigungswirkung zu erzielen. Immerhin -so viel Transparenz ist
mittlerweile vorgeschrieben- muss ein Waschmaschinenhersteller die
Programmdauer und die maximal auftretende Waschtemperatur für alle 3
Beladungszustände des Eco40-60 Programmes angeben. Das sieht dann
beispielsweise so aus:
Dies ist wohlgemerkt die maximale Temperatur, die für den jeweiligen
Beladungszustand im Eco40-60 Programm auftreten kann. Diese wird aber
keineswegs immer erreicht. In der Praxis sind es in vielen Fällen ein paar
Grad weniger.
Das EU-Verbrauchsdatenblatt, in dem sich diese Temperaturangaben zwingend
finden müssen, ist in den meisten Online-Shops übrigens zugänglich, wenn
man bei den Verbrauchsangaben zur Waschmaschine auf den entsprechenden
Link klickt. Man kann üblicherweise das bunte Energielabel herunterladen,
aber auch das Verbrauchsdatenblatt.
Woher weiß die Waschmaschine, wie voll die Trommel gerade ist?
Heutige Waschmaschinen verfügen über eine Beladungserkennung. Anders wären
die Vorgaben der EU gar nicht zu erfüllen, weil die Beladung im Eco40-60
Programm ein so wichtiger Parameter ist. Durch die Beladungserkennung wird
das (ungefähre) Gewicht der Textilien in der Trommel ermittelt. Eine
eingebaute Waage haben Waschmaschinen dafür allerdings üblicherweise
nicht. Die Beladungserkennung läuft vielmehr über Drehbewegungen der
Trommel ab. Eine leere Trommel lässt sich leicht drehen, und der
Drehwiderstand ist stets gleichermaßen niedrig. Um eine gefüllte Trommel
in Bewegung zu setzen, braucht man dagegen deutlich mehr Kraft. Und diese
ist auch nicht immer gleich: Spätestens, wenn eine halbe Umdrehung
geschafft ist und Kleidungsstücke vom oberen Scheitelpunkt der Trommel
wieder nach unten fallen, dreht es sich wieder etwas leichter. Die
Steuerelektronik einer modernen Waschmaschine kann über die
Leistungsaufnahme des Motors, der die Trommel antreibt, oder über einen
Drehzahlsensor an der Motorwelle erkennen, wie viel Gewicht sich in der
Trommel befindet. All das funktioniert aber erst, sobald sich die Trommel
erstmals dreht.
Manche Waschmaschinen führen die Beladungserkennung ganz zu Beginn im noch
trockenen Zustand der Wäsche durch. Falls sich bei Ihrer Waschmaschine die
Trommel nach Programmstart erst einmal "trocken" dreht, ohne dass
überhaupt Wasser eingelassen wurde, dann dient das noch keinen
Reinigungszwecken, sondern ist eine dem eigentlichen Waschvorgang
vorausgehende Beladungserkennung.
Woran sehe ich, ob meine Waschmaschine gerade viertelvoll, halb voll
oder ganz voll ist?
Das Ergebnis der Beladungserkennung zeigt die Waschmaschine üblicherweise
nicht an. Im Eco40-60 Programm kann man aber über die Programmlaufzeit
zumindest den voll beladenen Zustand meist als solchen erkennen. Auch hier
lohnt sich der Blick in das oben genannte Verbrauchsdatenblatt:
Im voll beladenen Zustand hat man meistens eine Programmlaufzeit über 3
Stunden, während viertelte und halbe Beladung oft etwas unter 3
Stunden bleiben. Über die Laufzeit verrät sich also der voll
beladene Zustand.
Manche Waschmaschinen zeigen im Eco40-60 Programm zunächst einmal eine
Laufzeit von über 3 Stunden an, dieser Wert springt dann aber nach ein
paar Minuten und einigen Trommelumdrehungen mitunter abrupt auf deutlich
unter 3 Stunden. Daran kann man erkennen, dass Teilbeladung erkannt wurde
und entsprechend kürzer (und auch kälter) gewaschen werden wird.
Grau ist alle Theorie...
Die vielen Mysterien, die das Eco40-60 Programm mit sich bringt, und die
vielen Fragen, auf die man auch im Internet bislang keine
zufriedenstellende Antwort findet, sind Anlass genug, ein wenig "Reverse
Engineering" an einer modernen Waschmaschine mit Eco40-60 Programm zu
betreiben. Durch exakte, zeitaufgelöste Messung der elektrischen
Leistungsaufnahme lässt sich ein Waschprogramm sehr gut "ausspionieren".
Man nehme eine Waschmaschine, wasche eine volle Trommel mit Wäsche im
Eco40-60 Programm und messe mit 1 Sekunde Zeitauflösung wattgenau die
elektrische Leistungsaufnahme. Hier das Ergebnis als Graphik:
An diesen Daten sieht man, dass gegen Ende 3x geschleudert wird. Zweimal
handelt es sich um ein Zwischenschleudern im Zuge des Spülens, und zuletzt
um das Endschleudern, das die Restfeuchte der Wäsche möglichst weit
reduziert. Bei maximaler Schleuderdrehzahl (hier nominelle 1400 U/min)
braucht der Motor etwa 500 Watt.
Jetzt aber ein Blick auf die Heizphase. Man erkennt ganz deutlich, wann
der Heizstab mit seinen etwa 1700 Watt Leistungsaufnahme eingeschaltet
war. Er ist der absolut dominate Faktor beim Stromverbrauch der Maschine.
Die Dauer der Heizphase beträgt hier (Eco40-60, voll beladen) 1080
Sekunden. Soweit noch nicht auffällig. Das Interessante aber: Wenn man den
Waschgang mehrfach wiederholt, sind es immer wieder genau 1080
Sekunden Heizdauer. Dieser Wert wiederholt sich auf die Sekunde genau. Bei
einer echten Temperaturregelung auf eine bestimmte Zieltemperatur hätte
man das nicht. Es gibt immer wieder leichte Schwankungen bei der
Wassermenge und der anfänglichen Leitungswassertemperatur, wodurch auch
die Heizdauer variieren müsste. Nachdem sie das aber nicht tut, ist der
Fall eindeutig: Das ist eine reine Feed-Forward-Heizsteuerung. 1080
Sekunden sind genau 0,3 Stunden, insofern ist das ein "glatter Wert". Der
Waschmaschinenhersteller hat bei voll beladenem Eco40-60 Programm offenbar
eine feste Heizdauer einprogrammiert ("hard-coding"), um einen bestimmten
Stromverbrauch niemals zu überschreiten.
Das bedeutet: Die tatsächliche Waschtemperatur ist nicht fest definiert,
sie hängt vielmehr sehr davon ab, mit welcher Temperatur das kalte
Leitungswasser in die Waschmaschine einströmt. Die Schwankungsbreite ist
groß: Im deutschen Winter tritt das Leitungswasser manchmal mit nur etwa
5°C in ein Einfamilienhaus ein, während in oberen Stockwerken von
Hochhäusern im Sommer auch mal Kaltwasser mit über 20°C aus dem Hahn
strömen kann. Wenn das Leitungswasser nun kälter ist als im EU-Normzyklus
vorgegeben - dann wird das Eco40-60 Programm allein dadurch seine
nominelle Waschwirkung nicht erreichen, weil die Waschtemperatur zu gering
ist. Im Alltagseinsatz wäscht das Eco40-60 Programm demnach keineswegs
immer so gut wie unter EU-Normbedingungen.
Und was nützt es am Ende...?
Das Eco40-60 Programm bietet im Grunde durchaus Sparpotential:
So weit, so gut. Auf den ersten Blick also durchaus eine Möglichkeit,
Strom zu sparen. Doch in der Praxis hat das Eco40-60 Programm aus
Verbrauchersicht doch sehr deutliche Nachteile:
In der Praxis ist das Eco40-60 Programm wegen all dieser Nachteile sehr
unbeliebt. Einer Erhebnung aus dem Jahr 2022 zufolge laufen Waschmaschinen
in weniger als 5% der Waschgänge im Eco-Modus. Nachzulesen ist dies in dem
folgenden Artikel des Nachrichtenmagazins DER SPIEGEL:
Stromsparmodus
von Waschmaschinen wird kaum genutzt [externer Link]
Somit basieren alle Verbrauchsangaben auf dem EU-Energielabel auf einem
Programm, das in etwa 95% der Fälle gar nicht verwendet wird. Den
tatsächlichen Stromverbrauch von zig Millionen Waschmaschinen im Land
dominieren die klassischen Waschprogramme mit fester Waschtemperatur.